Glockenturmzwiebel

Das Pumpenhaus am Hermannpfuhl


Zugegeben, ich war lange nicht mehr am alten Weiher auf der Trainierbahn. Als ich klein war gehörte ein Besuch des Teiches oft zum Programm an den Besuchstagen der Verwandtschaft. In der Jugend verbrachten einige Freunde und ich die Nacht dort und später war hier mein auserwähltes Pilzrevier. Irgendwie war der Fischpfuhl, so sein Name auf alten Karten, immer da und immer voll Wasser. Damals wie heute fasziniert mich der technische Aufwand, der einst betrieben wurde, um diese Trainingsanlage für Rennpferde – die Neuenhagener Trainierbahn – zu jeder Witterung in einem einwandfreien Zustand zu halten. Zeitzeugen berichten, das das Geläuf, also der Boden, besser war als auf der Rennbahn. Ebenfalls gestanden mehrere Besucher aus anderen Ländern das eine solche Anlage einmalig sei und in ihren Ländern nicht existiere.

Werfen wir aber einige Blicke zurück. Die erste Trainierbahn in Hoppegarten gab es bereits 1871. Es war die ehemalige Adonis Trainierbahn, benannt nach einem Pferd des Grafen Johannes von Renard, der die Bahn anlegen ließ und nach einem seiner Pferde benannte. Nach und nach entstanden weitere Anlagen in der stets wachsenden Trainingszentrale. Pferde sind wie Leistungssportler und müssen bewegt werden. Ein abwechslungsreiches Training für Pferde ist das A und O. So entwickelten sich nach und nach in Hoppegarten verschiedene Trainierbahnen. Drei davon in Waldesruh, eine bei Münchehofe, drei in Hoppegarten und auf der Rennbahn selbst gab es auch eine kleine Trainierbahn. 1898 kaufte der Union-Klub vom damaligen Besitzer des Neuenhagener Gut, George Leopold Dotti, dieses nebst Schloss und den dazugehörigen umfangreichen Grundstücken. Während von vornherein das Gutshaus verpachtet wurde, nutzte man das Gut zur Gewinnung von Heu und Stroh für die eigenen Pferde. Alles weitere aus Anbau und Tierhaltung wurde verkauft und brachte damit dem Klub Einnahmen. Bereits seit langem gab es Klagen der ansässigen Trainer über zu hohe Kosten der Trainierbahnen in Hoppegarten, welche sich im Familienbesitz befanden. Zudem mussten zum Erreichen lange Wege zu den Bahnen bewältigt werden. Ein weiterer Punkt war, dass die vorhandenen Bahnen größtenteils Sandbahnen waren. Alles in allem mehr als ein Grund auf dem neuerworbenen Gelände eine mustergültige Anlage zu errichten. Maßgebend hierbei war der damalige Rennbahninspektor Wenzel Zdarsky. Nach der Fertigstellung standen, natürlich gegen entsprechende Bezahlung, den Trainern eine Sandbahn (3470 m), zwei Grasbahnen (3370 m und 3270 m), eine Hürdenbahn (2500 m mit sechs Hindernissen und einem kleinen Wassergraben) zur Verfügung. 1911 erfolgte die Anlage einer Hürdenbahn, welche quer durch die Trainierbahn verlief. Diese wurde aber kurze Zeit später wieder geschlossen. Ein Jahr darauf folgte die dritte Grasbahn mit einer Länge von 3170 m. Ein Vorteil: Die Reitwege im Wald ermöglichten ein geschütztes Training bei schlechtem Wetter. 1916 wurden die beiden Anzeiger in Betrieb genommen, um zu veranschaulichen, welche Bahn zum Training freigegeben war. Im Jahr 1929 wurde eine australische Startmaschine errichtet, um Starts zu trainieren.

Die Besonderheit aber war ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem, das dem Union-Klub ermöglichte, die Bahnen je nach Bedarf zur natürlichen Bewässerung oder längerer Trockenheit entsprechend mit Wasser zu versorgen. Hierzu hatte man eine Kanalrieselsystem angelegt, das rund um die Bahn verlief. In regelmäßigen Abständen konnte mittels Schieber der entsprechende Bereich genaustens mit Feuchtigkeit versorgt werden. Gespeist wurde der Kanal mittels mehrerer Brunnen, die durch Gefälle das Nass zur Bahn lieferten.

Versorgt wurde das ganze mittels einer Pumpenanlage, die in einem Gebäude an einem Weiher mitten im Wald betrieben wurde. Im Jahr 1899 nach den Plänen von Georg Liesegang errichtet, wurde die vom Ingenieur C. G. Galland erdachte Anlage anfangs mittels einer Dampfmaschine betrieben. Für die erforderlichen Kohlen wurde ein beziehungsweise zwei Schuppen errichtet. Das Gut wurde im Jahr 1913 elektrifiziert und somit auch die Pumpenstation auf Strom umgestellt. Betrieb und Wartung der Anlage erfolgte mittels des Pumpenwärters, ein Herr Hermann der dem Pfuhl dann auch seinen Namen gab, der in der Wohnung darüber wohnte. In den 1930er Jahren kommt mit dem Pumpenhaus an der Zoche, unweit der Brücke, ein weiteres Objekt dazu. Ebenfalls in dieser Zeit rüstet man die Kanäle mit Rohrleitungen aus, die in Abständen Anschlüsse für die Sprenger haben. Diese Rohre wurden später auf der Rennbahn, unter anderem am Führring verbaut.

Über das Schicksal des Pumpenhauses 1945 gibt es unterschiedliche Aussagen. Die einen sagen, das Gebäude fiel einer Bombe zum Opfer. Andere Beschreibungen schildern die Zerstörung durch Panzer der heranrückenden Roten Armee. Einzelne Schieber und Teile stehen noch bis zum Beginn der 1950er Jahre. Die Pumpenstation an der Zoche dient zu DDR-Zeiten als Trafostation und zerfällt dann nach und nach. Die Brunnen und der Ringkanal sind noch in Teilen vorhanden und vom Pumpenhaus am Hermannpfuhl existiert nur noch ein Kellerteil mit dem Rest einer alten Pumpe. Den Pfuhl selbst gibt es auch nicht mehr. Wie viele seiner Artgenossen ist er von Trockenheit bedroht und nur noch ein Teil der Geschichte aus einer Zeit, als aus Hoppegarten und Neuenhagen Pferde dorthin zum Trainieren kamen.

Foto um 1940/Siek-Archiv: Das nach aktuellen Recherchen einzige Foto vom Pumpenhaus am Hermannpfuhl