Sie hat wenig Attraktivität zu bieten und zählt trotz dieses Umstands zu einer der wichtigsten Straßen in Neuenhagen. Mit knapp über 2 Kilometer Länge und ihren 142 Jahren bewältigt sie als Zubringer zur Autobahn und zur Hauptstadt täglich ein sehr hohes Verkehrsaufkommen.
Einst wie die anderen großen Straßen ein unbefestigter Weg wird sie am 9. November 1883 – nun befestigt – dem Verkehr als Kreischaussee Neuenhagen-Altlandsberg-Mehrow übergeben. Erich Bischof, Bürgermeister und Ortschronist, berichtet in einem Artikel von dem Vers der sich an der anlässlich der Eröffnung errichteten Ehrenpforte befunden haben soll. „Heil jedem, der mit Wort und Tat die neue Chaussee gefördert hat, die, nun vollendet, jedermann nach Herzenslust befahren kann!“. Auf der Rückseite hatte Jemand einen zweiten Vers niedergeschrieben. „Jetzt fährt man mit Behagen nach Hönow von Neuenhagen. Käm aber kein Chausseehaus her, dann freuten wir uns noch viel mehr!“ Jenes erwähnte Gebäude diente in der damaligen Zeit als Erhebungsstelle, um die „Benutzungsgebühr“ – quasi eine Maut – einzunehmen.
Neben Neuenhagen war ein solches Chausseehäuschen auch in Orten in der Umgebung zu finden. So zum Beispiel dort, wo heute die Neuenhagener Chaussee (die verlängerte Hönower Chaussee) in die Altlandsberger Chaussee mündet, an der B1 gegenüber vom Rewe-Markt in der Niederheidenstraße und für Neuenhagen in der Altlandsberger Chaussee zwischen Gruscheweg und Autobahnbrücke. Dort, im Jahre 1879 nach den Plänen von Wilhelm Liesegang errichtet, steht es noch heute an seinen Platz. Bis auf den typischen Vorbau, der bis dicht an die Straße reichte, ist das Haus heute noch größtenteils in seiner Form erhalten geblieben. Der hierzu eingestellte Chausseewärter kassierte die Gebühr und öffnete erst dann den Schlagbaum, um den Weg freizugeben. Der Chausseewärter war zudem Wegewärter: Die ihm anvertraute Straße müsste er bis zum nächsten Chausseeabschnitt in Ordnung halten und auf Schäden kontrollieren. Von dem dort eingenommenen Geld wurde dann die Straße instandgehalten.
Aber zurück zur Hönower Chaussee. Beginnend an der Sternförmigen Kreuzung, der ihr den Namen „Stern“ verlieh, befand sich gleich rechts einst ein Birkenwäldchen. Neben einem Festplatz, den man auf sternförmig angelegten Wegen erreichte, gab es auch hier für die Dorfschule, heute die Arche, einen „Turnplatz“. Die daneben anschließende Trainierbahn durfte als Ort für Leibesübungen nicht genutzt werden und das Schulgelände bot dafür keinen Platz. Der damalige Gutsbesitzer und spätere Amtsvorsteher George Leopold Dotti schenkte der Schule 1886 nicht nur den benötigten Platz in dem ihm gehörenden Wäldchen, sondern auch noch die erforderlichen Turngeräte.
Gleich gegenüber war im Jahr 1912, dicht neben dem Stern, eine Spargelplantage zu finden. Übrigens nicht die Einzige. Auch nahe dem heutigen Freibad baute man damals das weiße Gold an. Der Plantage folgte ein kleines Waldstück, das zum Grundstück des Grafen Spreti gehörte. Heute stehen auf diesem Bereich die Bauten des Erich-Weinert-Weg. 1958 wurden diese als Wohnbauten für den in der Langenbeckstraße befindlichen Zentralvorstand der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) errichtet. Die angrenzenden „Würfelbauten“ kamen dann in den 90er Jahren dazu, die Bauten vorne an der Hönower Chaussee Anfang der 1980er Jahre. Noch als Kind erlebte ich, wie auf dem Bereich zwischen den Häusern am Erich-Weinert-Weg und der Chaussee der Rummel sein Quartier aufschlug. Etwas weiter befindet sich auf der rechten Seite der Waldfriedhof. Angelegt auf einem Areal der ehemaligen Trainierbahn und ab 1953 als Begräbnisstätte genutzt. Nur ein kurzes Stück weiter findet man den ehemaligen Wirtschaftshof der Trainierbahn. Im Jahr 1911 angelegt, wohnte dort der Verwalter der Anlage. Als solcher kümmerte er sich um die Instandhaltung der Trainingsfläche. In Quellen ist zu finden, dass akribisch darauf geachtet wurde, dass fremde Personen nicht die damals edlen Vollblüter und deren Reiter in Gefahr brachten. Auch befanden sich auf dem Hof die zur Pflege der Anlage befindlichen Geräte.

Gleich gegenüber befindet sich eines der markantesten Gebäude der Straße. 1904 für den Bäckermeister Hermann Pusch errichtet, beherbergte es lange Jahre das Restaurant „Zur Trainierbahn“. Im Ursprung soll es dort sogar eine Konditorei gegeben haben. Nach dem Tode von Eigner Pusch ging das Restaurant an seinen Sohn Max über. Dessen Bruder Felix betrieb lange Jahre das ehemalige Restaurant Fagerstern in der Carl-Schmäcke-Straße. Damals unterschied man beide Brüder durch den Zusatz von Ortsnamen. Im Dorf gab es somit den „Dorf-Pusch“ und an der Trainierbahn den „Wald-Pusch“. Beliebt bei den Stallleuten und Jockeys traf man diese dort schon früh nach der Morgenarbeit an. Auch der berühmte und in der Akazienstraße wohnende Jockey Otto Schmidt konnte man hier oftmals Gast nach dem Training antreffen. Nach dem Krieg und über die Wende hinaus befand sich dort ein Restaurant. Später folgten das Ristorante Fiorentina und heute das Lina Restaurant.
Auf der rechten Seite der Chaussee befindet sich die ehemalige Neuenhagener Trainerbahn. Die Geschichte dieser Anlage kann man in einer älteren Ausgabe der Glockenturmzwiebel unter dem Titel „Das Pumpenhaus am Hermannpfuhl“ nachlesen. Über 1,64 Kilometer begleitet die frühere Trainingsstätte die Chaussee. Ihr Ende erreicht sie in der Senke am Zochegraben. Dort ist auch das Ende der „Hönower“ wie die Chaussee auch gerne in Neuenhagen genannt wurde. Einst stand unweit der Brücke ein zweites Pumpenhaus, um die Trainingsbahnen mit Wasser zu versorgen. Zu DDR-Zeiten diente es als Trafostation und wurde dann nach und nach abgetragen. Einstmals säumten Obstbäume beide Straßenseiten. Regelmäßig wurden diese beschnitten und, wenn erforderlich, durch Neupflanzungen ersetzt. Später verpachtete man die Bäume. Fährt man heute in den Oderbruch sind dort noch an viele Straßen und Alleen solche Obstbäume vorzufinden. Das Chausseehaus, welches ebenfalls am Ende der Landstraße – so die deutsche Bezeichnung des aus dem französischen stammenden Begriffes Chaussée – nahe Hönow einst stand, verlor um 1905 seine eigentliche Bedeutung und diente noch viele Jahre als Wohnhaus. Gefährdet durch LKW, die hin und wieder das Haus beschädigten, wurden die Hausreste im Zuge des Neubaus der Straße letztendlich abgetragen. Noch heute kann man an dieser Stelle den alten Standort erahnen.
Autor: Kai Hildebrandt ist Neuenhagens Ortschronist