Der Urbau des Bollensdorfer Gutshauses kann auf der Grundlage der im Jahr 2010 erfolgten archäologischen Untersuchungen, den durchgeführten Grabungen und den vorgefundenen Bodenverhältnissen die Form einer spätmittelalterlichen Turmhügelburg mit umgebenen Graben besessen haben. Bei der Freilegung der Fundamente des Gutshauses trat an der südwestlichen Ecke des Kernbaues ein Feldsteinfundament auf, das älter als die ältesten Bauteile des jetzigen Gebäudes ist. Das aus unbearbeiteten Feldsteinen und etwas Ziegelbruch ausgeführte Fundament könnte den charakteristischen Mörtelbefunden zufolge noch in spätmittelalterliche Zeit gehören. Da dieses Fundament auf eine Mauerstärke von fast zwei Meter hinweist, war es vielleicht einmal Teil eines „Festen Hauses“. Vielleicht reichte dieser Bau noch in das späte 15. Jahrhundert zurück und diente bis zur Zerstörung im 30-jährigen Krieg den Familien von Görtzke als Lehnsinhaber von Bollensdorf als Wohnsitz.
Um 1670 begannen die Görtzkes mit dem Neubau eines Herrenhauses. Dachbalkenuntersuchungen belegen, dass die entsprechenden Bäume im Jahr 1670 im Altlandsberger Forst geschlagen wurden. Bei den bauhistorischen Untersuchungen wurde auch festgestellt, dass mit dem Bollensdorfer Herrenhaus trotz späterer Überformungen der Bau eines einfachen adligen Landsitzes erhalten blieb, wie er nach den Zerstörungen des 30-jährigen Krieges in größerer Anzahl entstanden sein dürfte, sich jedoch aufgrund zahlreicher späterer Neubauten von Herrenhäusern nur selten erhalten hat.
Im Jahr 1854 erwarb der Berliner Kaufmann Kelch das Gut Bollensdorf. In der Folge kam es zu umfangreichen Bautätigkeiten. In seinen Einzelformen entspricht der Umbau des Herrenhauses zur Turmvilla zahlreichen Beispielen von Villenbauten im Berliner Umland, die zwischen 1860 und 1880 entstanden sind. Der vielleicht um 1860/70 einsetzende Umbau des Bollensdorfer Gutshauses führt nicht nur zu einer veränderten Innenraumstruktur, sondern war mit einem Wechsel in der Erscheinung vom barocken Landhaus zur spätklassizistischen Turmvilla verbunden. Den Außenbau veränderte man durch Vergrößerung des westlichen Anbaus auf die Breite des Kernbaus und die Erhöhung um ein Geschoß. An der Ostseite fügte man die gestaffelte Baugruppe eines vor die Fassade gerückten Anbaus, an dessen rückwärtige Ecke ein Treppenturm angelehnt wurde. Diese Seite wurde durch Bombenschäden im 2. Weltkrieg zerstört. Sehr gut erhalten sind Zeugnisse der verschiedenen Bauphasen in den Kellerräumen. Wir finden zwei Beispiele von flach gewölbten und tief direkt auf Feldsteinen ansetzenden Gewölben aus dem 17. Jahrhundert. Es handelt sich um Kreuzgratgewölbe, die in dieser Form in Brandenburg nur noch sehr selten anzutreffen sind. Weitere Räume weisen die Preußische Kappe auf. Das Gutshaus wurde ab 1945 als Kindergarten, nach dem Umbau im Jahre 1951 als Haus II der Puschkin-Schule und nach der denkmalgerechten Sanierung im Jahr 2010 als Schule am Schwanenteich genutzt. Jetzt ist dort ein Hort untergebracht. Vom sagenumwobenen unterirdischen Gang zwischen Gutshaus und der Kirche wurde bei der Freilegung der Fundamente des Gutshauses keine Spur gefunden. Anscheinend liegt der Gang noch in einer wesentlich größeren Tiefe.
Autor: Klaus Wegner ist aktives Mitglied im Geschichtskreis Bollensdorf der Evangelischen Verheißungsgemeinde Neuenhagen-Dahlwitz/Aufmacherfoto: Archiv Bischof/Gutshaus Bollensdorf um 1930